Nach 40 Jahren als Berufspolitikerin kritisiert die ehemalige Bundesministerin und Grünen-Chefin Renate Künast die Bedingungen des Politikbetriebs für Frauen. „Gerade als Frau muss man hart sein, klar sein und darf nicht den Lady-Diana-Blick aufsetzen“, sagte sie dem „Tagesspiegel“ (Dienstagausgabe).
„Sonst kommt man nicht in Führungsfunktionen. Andererseits: Wenn Frauen sehr engagiert reden, sind sie angeblich hysterisch.““ Man müsse in der Politik „lernen, sich nicht angegriffen zu fühlen“.
Ihre frühere Tätigkeit als Sozialarbeiterin in der JVA habe ihr da geholfen. „Da musste ich auch damit umgehen, dass Gefangene mich verbal angreifen. Und da musste ich trennen: Bin ich als Renate gemeint? Oder ich als Person mit Funktion, die den Schlüssel für die Zelle und die Station hat?“
Künast meinte im Vergleich: „Manchmal ist Politik so hart wie Knast.““ Über Klaus Wowereit, gegen den sie als Spitzenkandidatin der Grünen 2011 in Berlin bei der Abgeordnetenhauswahl verlor, sagte sie: „Bei Klaus Wowereit war unheimlich viel Show.
Die reichte anscheinend.““
Der aktuelle Grünen-Chef Robert Habeck „hätte wahrscheinlich drei Flughäfen in kürzerer Zeit gebaut. Und er ist, anders als Wowereit, ein Philosoph, der immer die Gedanken und Werte drumherum formulieren kann.““
Die Grünen würden falsch wahrgenommen, sagte Künast.
„Leute sagen oft, die Grünen seien die Partei der Besserverdiener. Das suggeriert, man sei mit einem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen. Das ärgert mich. Sicher haben wir viele Leute mit höherer Bildung, aber bei weitem nicht nur.““ Künast selbst wuchs als Arbeiterkind auf und studierte mit einem Fachabitur. „Ich musste mir viele Dinge erkämpfen. So geht es vielen bei uns.“
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