Gewalt gegen Frauen sichtbar machen – Niedersachsen zeigt Wege zu Schutz und Hilfe

Am 25.11. jeden Jahres erinnert der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, auch Orange Day genannt, daran, dass Gewalt gegen Mädchen und Frauen ernst genommen wird. Ein Schwerpunkt liegt auf Gewalt im sozialen Nahraum, insbesondere in Partnerschaften oder ehemaligen Partnerschaften.

In Niedersachsen gab es im Jahr 2024 einen Anstieg von 8,94 Prozent im Bereich häuslicher Gewalt. Häusliche Gewalt kommt in allen Altersgruppen vor, unabhängig von Herkunft, Bildung und Religion. Im Jahr 2024 waren 69,87 Prozent der Opfer im Bereich häuslicher Gewalt weiblich. Allein in dem Bereich häusliche Gewalt in (ehemaligen) Partnerschaften waren es insgesamt 18.190 weibliche Opfer. Die Zahl ist zum Vorjahr nochmal um 12,33 Prozent angestiegen.

Häusliche Gewalt ist kein eigenständiger Straftatbestand. Der Begriff umfasst physische, sexuelle, finanzielle, digitale und psychische Formen der Gewalt. Diese Gewalt wird zwischen zwei Menschen ausgeübt, die in einer partnerschaftlichen oder familiären Beziehung zueinanderstehen. Die Erscheinungsformen sind vielfältig und reichen von Beleidigungen, Einschüchterungen, Freiheitsberaubungen bis hin zu körperlichen, sexuellen Übergriffen oder gar versuchten und vollendeten Tötungsdelikten. Häufig steckt eine Beziehungsdynamik dahinter, in der der Partner eine Machtposition gegenüber der Betroffenen ausübt.

Betroffene Frauen sprechen oft aus Scham nicht über die Übergriffe. Neben physischen Verletzungen kann es auch zu psychischen Problemen kommen. Durch das Erleben der Gewalt und die abwertende Haltung des Partners gegenüber dem Opfer kann die Selbstsicherheit und das Selbstwertgefühl leiden.

In der Dunkelfeldstudie des Jahres 2021 wurden Opfer von häuslicher Gewalt befragt, wieso sie sich gegen eine Strafanzeige entschieden haben: Über die Hälfte gab an, dass es Privatsache sei. Es wurde auch als nicht schwerwiegend genug empfunden. Zudem verzichteten viele Frauen auf eine Strafanzeige, weil sie ihre Ehe bzw. Beziehung nicht gefährden wollten. Besonders problematisch ist, dass ältere Betroffene oft an ihre Wohnung gebunden sind, da einige Frauenhäuser nicht barrierefrei sind. Ein Umzug in eine Schutzeinrichtung ist oft organisatorisch oder gesundheitlich schwer umsetzbar. Hierzu kommen langjährige Abhängigkeiten, Sorge um den Partner oder technische Barrieren – etwa kein eigenes Handy – die den Schutz erschweren.

Die Bekämpfung und Prävention von häuslicher Gewalt ist eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Im Jahr 2001 verabschiedete der Niedersächsische Landtag den ersten Niedersächsischen Aktionsplan gegen häusliche Gewalt. Im Jahr 2002 wurde das Gewaltschutzgesetz eingeführt, das Betroffenen die Möglichkeit gibt, ein Kontakt- und Näherungsverbot gegen die gewaltausübende Person zu erwirken und auch die Zuweisung der gemeinsamen Wohnung/des gemeinsamen Hauses an die gewaltbetroffene Person ermöglicht. Damit die Betroffenen ausreichend Zeit und Ruhe haben, diese Schritte in die Wege zu leiten, kann die Polizei den Gewalttäter für bis zu 14 Tagen bereits direkt nach der Tat aus dem gemeinsamen Zuhause verweisen. Dies ermöglicht der Frau, sich von einer Fachberatungsstelle zu unterstützen zu lassen und einen Antrag gem. Gewaltschutzgesetz beim Amtsgericht zu stellen. Weitere Informationen finden Sie unter ms.niedersachsen.de/gewaltschutz/gewaltberatungsstellen/gewaltberatungsstellen-14099.html.

Und noch eine ganz wichtige Information: Opfer häuslicher Gewalt können sich von einer psychosozialen Prozessbegleiterin auf dem ganzen Weg des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens kostenlos begleiten lassen. Informationen und Kontaktmöglichkeiten hierzu gibt es unter https://justizportal.niedersachsen.de/Prozessbegleitung/psychosoziale-prozessbegleitung-in-niedersachsen-160951.html.

Wie können Sie helfen?
Nachbarn und Angehörige sollten bei wiederkehrenden Verletzungen ohne plausible Erklärung aufmerksam sein. Auch ein plötzlicher Rückzug oder ein auffälliges Angstverhalten in Anwesenheit des Partners sind Hinweise darauf, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ein weiteres Anzeichen können auch lauter werdende Streitereien sein.
Schauen Sie nicht weg. Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt und es geht uns alle etwas an.

Hilfe und Möglichkeiten:
-Rufen Sie die 110 bei akuter Gefahr. „Wer schlägt, der geht!“ – Täter können aus der Wohnung oder dem Haus verwiesen werden, unabhängig vom Miet- oder Kaufvertrag. Eine Wegweisung des Täters aus der gemeinsamen Wohnung kann durch die Polizei für bis zu 14 Tagen ausgesprochen werden.
-Wenn Sie selbst betroffen sind: Erstatten Sie Strafanzeige bei der Polizei – wenn möglich, dokumentieren Sie die Übergriffe mit Zeit, Datum und was passiert ist.
-Bei sexualisierter oder körperlicher Gewalt können Opfer ihre Verletzungen in zahlreichen Kliniken in Niedersachsen rechtsmedizinisch untersuchen und dokumentieren lassen. Dies geht auch vertraulich, wenn Sie sich noch nicht zu einer Anzeige bei der Polizei durchringen können! Eine Partnerklinik in Ihrer Nähe finden Sie unter https://probeweis.mhh.de/.
-Lassen Sie sich beraten: Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen – 08000 116 016. Immer erreichbar ist das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen. Hier finden Sie weitere Informationen: https://www.hilfetelefon.de/
-BISS – Beratungs- und Interventionsstellen bei häuslicher Gewalt – Das Land Niedersachsen arbeitet eng mit der BISS zusammen. Wenn bereits eine Strafanzeige bei der Polizei wegen häuslicher Gewalt eingegangen ist, nimmt die BISS proaktiv Kontakt auf. Beratungsstellen finden Sie unter: https://www.ms.niedersachsen.de/gewaltschutz/gewaltberatungsstellen/beratung_und_unterstutzung_adressen/beratung-unterstuetzung-in-niedersachsen-13240.html
-Falls Sie das nächstgelegene Frauenhaus suchen, finden Sie die Adresse unter https://www.frauenhaus-suche.de/

Rückfragen bitte an:
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Rebecca Kolm
Telefon: 0511 / 9873-1033
E-Mail: pressestelle@lka.polizei.niedersachsen.de
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