Die deutsche Wirtschaft macht Druck für eine Reform der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das ergab eine Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
79 Prozent der Unternehmen fordern demnach von der deutschen Politik, dass sie eine DSGVO-Reform auf europäischer Ebene vorantreibt, 71 Prozent sind der Meinung, die DSGVO müsse gelockert werden. Zugleich wächst die Belastung der Unternehmen durch den Datenschutz weiter. Bei rund zwei Dritteln (69 Prozent) hat der Aufwand im vergangenen Jahr weiter zugenommen, inzwischen bezeichnen ihn 97 Prozent als sehr hoch oder eher hoch.
72 Prozent der Unternehmen beklagen, dass wir es mit dem Datenschutz in Deutschland übertreiben, vor einem Jahr waren es noch 64 Prozent. Und sogar 77 Prozent sagen, der Datenschutz hemmt die Digitalisierung in Deutschland (2024: 70 Prozent).
Für die Unternehmen sind die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Datenschutzvorgaben, dass dieser Prozess nie abgeschlossen ist (86 Prozent) sowie die Unsicherheit zu genauen Vorgaben der DSGVO (82 Prozent). Dazu kommen immer wiederkehrende Prüfungen beim Ausrollen neuer Tools (77 Prozent). Dahinter folgen mit etwas Abstand aus Sicht der Unternehmen allgemein zu hohe Anforderungen (69 Prozent), die uneinheitliche Auslegung innerhalb der EU (54 Prozent), mangelnde Beratung durch Aufsichtsbehörden (54 Prozent), sich widersprechende rechtliche Vorgaben (53 Prozent) und eine uneinheitliche Auslegung innerhalb Deutschlands (37 Prozent).
Aber auch innerhalb der Unternehmen gibt es Herausforderungen, vor allem die notwendige Zeit für erforderliche IT- und Systemumstellungen (50 Prozent) und den Aufwand, Beschäftigten die komplexen Anforderungen verständlich zu machen (46 Prozent).
Dazu kommen ein Mangel an qualifizierten Beschäftigten für die Datenschutz-Umsetzung (38 Prozent), fehlende finanzielle Mittel (31 Prozent) und die unzureichende Einbindung der Datenschutzbeauftragten (25 Prozent). Am Ende rangiert mit nur zwölf Prozent die fehlende Unterstützung im Unternehmen für Datenschutz.
An mehreren Stellen wünschen sich die Unternehmen Nachbesserungen der DSGVO. Jeweils rund drei Viertel wollen, dass die Dokumentationspflicht von Verarbeitungstätigkeiten reduziert (76 Prozent) und das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt abgeschafft (73 Prozent) werden. Je sechs von zehn Unternehmen plädieren für eine vereinfachte Nutzung pseudonymisierter Daten (63 Prozent), eine verpflichtende praxisnähere Beratung durch die Aufsichtsbehörden (62 Prozent), mehr Rechtssicherheit bei der Interessenabwägung (61 Prozent) und weniger Informationspflichten (60 Prozent).
Für 54 Prozent sollte mehr Datenverarbeitung ohne Einwilligung ermöglicht, für 53 Prozent der Prüfaufwand für Datenschutzfolgeabschätzungen verringert werden. Ein Drittel (33 Prozent) möchte die Pflicht zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten abschaffen.
Die Wünsche spiegeln wider, wo aktuell der größte Aufwand bei der Umsetzung des Datenschutzes in den Unternehmen entsteht. Bei 73 Prozent sind das die Dokumentationspflicht von Verarbeitungstätigkeiten sowie die technische Implementierung (69 Prozent). Dahinter folgen fast gleichauf die Klärung rechtlicher Anforderungen (57 Prozent), die Abstimmung mit externen Dienstleistern (54 Prozent) sowie die Erfüllung von Informationspflichten (53 Prozent).
43 Prozent nennen die Sicherstellung der Betroffenenrechte, je 36 Prozent die Schulung der Beschäftigten und die Bewertung von Datenschutzverstößen, 33 Prozent den Aufbau interner Datenschutzkompetenzen und 25 Prozent die Benennung eines Datenschutzbeauftragten. Kein Unternehmen gibt an, frei von Problemen aufgrund des Datenschutzes zu sein.
Aber nicht nur bei den Datenschutzregeln wird Reformbedarf gesehen, es gibt auch Kritik an den Aufsichtsbehörden. Rund zwei Drittel (69 Prozent) der Unternehmen beklagen, dass die deutschen Datenschutzbehörden die DSGVO zu streng anwenden. Eine Folge: Die Unternehmen überziehen beim Datenschutz aus Angst, gegen die DS-GVO zu verstoßen (62 Prozent). Die Unternehmen plädieren mit knapper Mehrheit dafür, die Datenschutzaufsicht auf Bundesebene zu zentralisieren. 53 Prozent befürworten den Vorschlag, 42 Prozent sind dagegen.
Datenschutzverstöße haben in den Unternehmen zumeist Konsequenzen.
Ein Viertel der Unternehmen räumt sie für die vergangenen zwölf Monate ein. Bei 19 Prozent gab es einen Verstoß, bei sechs Prozent mehrere. 59 Prozent hatten keine Datenschutzverstöße, 16 Prozent wollen oder können keine Angaben machen. 57 Prozent der Unternehmen, bei denen es zu Datenschutzverstößen kam, haben diese an die Aufsicht gemeldet, 29 Prozent haben keine Meldungen gemacht und 14 Prozent wollen oder können dazu keine Angabe machen.
Rund jedes zweite Unternehmen mit Datenschutzverstößen nennt diese sehr schwerwiegend (16 Prozent) oder eher schwerwiegend (32 Prozent). Bei 23 Prozent waren sie eher nicht schwerwiegend, bei 19 Prozent überhaupt nicht schwerwiegend und jedes Zehnte (10 Prozent) kann oder will dazu keine Angaben machen.
Fragt man nach den Folgen des größten Datenschutzverstoßes der vergangenen zwölf Monate, dann nennen 93 Prozent den organisatorischen Aufwand. Mit deutlichem Abstand folgt dahinter ein Bußgeld (51 Prozent). 18 Prozent haben Kunden verloren, sieben Prozent mussten Schadenersatz zahlen und ebenfalls sieben Prozent haben Reputationsschäden verzeichnet. Bei fünf Prozent gab es gar keine Folgen.
Für die Erhebung befragte Bitkom Research telefonisch 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland.
Die Befragung fand im Zeitraum von der 30. bis zur 35. Kalenderwoche 2025 statt.
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